Um lebens- und berufserfahrenere Menschen für eine erfüllende Tätigkeit in Kindertageseinrichtungen (Kita) zu gewinnen, geht Baden-Württemberg neue Wege und testet seit Februar diesen Jahres den „Direkteinstieg Kita“ an der Helen-Keller-Schule in Weinheim.
Das Programm „Direkteinstieg Kita“, eine Kooperation zwischen dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport und der Bundesagentur für Arbeit, bietet eine verkürzte Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistentin und Assistenten sowie darüber hinaus einen Weg zum Abschluss als Erzieherin und Erzieher an. Ziel des Piloten in Weinheim ist eine flächendeckende Einführung in ganz Baden-Württemberg im Herbst 2023.
Dieser neue Ausbildungsgang ermöglicht dem Land innerhalb von knapp zwei Jahren Menschen, die bereits Lebenserfahrungen sowie eine Berufsausbildung mitbringen, zu sozialpädagogischen Assistenten auszubilden. Im Anschluss an die Ausbildung sowie einem halbjährlichen Berufspraktikum kann in einer Schulfremdenprüfung der Abschluss zur Erzieherin/ zum Erzieher erworben werden. Das Konzept ist so flexibel gestaltet, dass die Ausbildung sowohl in Teilzeit als auch in Vollzeit erfolgen kann. Also eine gute Möglichkeit für die Ausbildung von Fachkräften, die Baden-Württemberg so dringend braucht.
Dr. Susanne Koch, Geschäftsführerin Operativ der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit, macht deutlich: „Der Direkteinstieg Kita ist eine große Chance für Baden-Württemberg, denn der Fachkräftemangel im Kita-Bereich verstärkt viele Probleme: 1. Erziehende - insbesondere Alleinerziehende - werden mangels Kinderbetreuungsmöglichkeit vom Arbeitsmarkt ferngehalten mit fatalen Folgen für deren Rente und den Fachkräftebedarf. 2. Die frühkindliche Bildung ist ein wichtiger Schritt zur Bildungsgerechtigkeit und damit zu einer gefestigten Erwerbsbiografie. 3. Die Arbeitskräfte in den Kitas brauchen heute schon Verstärkung und werden demografisch noch knapper.“
An der Helen-Keller-Schule in Weinheim haben im Februar rund 30 Schülerinnen und Schüler ihre Ausbildung begonnen. Wir haben mit einem Schüler gesprochen, wie es sich als Erwachsener zurück auf der Schulbank anfühlt. Klaus Daniel ist Mitte 50 und absolviert den praktischen Teil seiner Ausbildung auf einem Naturbauernhof für Kinder. Die Bundesagentur für Arbeit unterstützt ihn während seiner Ausbildung bei der Übernahme der Lehrgangs- und Fahrtkosten sowie den Arbeitgeber mit einem Arbeitsentgeltzuschuss.
Herr Daniel, wie kam es dazu, dass Sie sich beruflich umorientiert und nochmal eine neue Ausbildung begonnen haben?
„Ich habe viele Jahre sehr ambitioniert im Bereich der Projektarbeit als Maschinenbautechniker gearbeitet und 2015 hat mich ein gesundheitlicher Zwischenfall zum Neudenken bewegt. Ich wollte sportlich aktiver werden und bin dann ehrenamtlich sowie nebenberuflich als Sportpädagoge an Schulen und in Kindertageseinrichtungen tätig geworden. In einem guten Gespräch mit der Agentur für Arbeit habe ich 2022 dann von der Möglichkeit „Direkteinstieg Kita“ erfahren und es sofort als Chance begriffen.“
Wie fühlt es sich zurück auf der Schulbank an?
„Sehr gut, ich finde es toll, in einem Land zu leben, in dem es auch mit Mitte 50 möglich ist, eine Ausbildung zu beginnen. Unsere Klasse ist sehr divers, was die Biografien sowie das Lebensalter anbelangen und unter 30 Schülerinnen und Schülern befinden sich immerhin 7 Männer. Wir lernen hier ganz viel voneinander.“
Nehmen Sie uns bitte mit in Ihre berufliche Zukunft.
„Nach der Ausbildung zum sozialpädagogischen Assistenten möchte ich auf jeden Fall noch die Schulfremdenprüfung zum Erzieher ablegen. Die Arbeit mit den Kindern auf dem Naturbauernhof erfüllt mich sehr und ich kann mir vorstellen, dort eine leitende Funktion zu übernehmen. Sogar eine Selbstständigkeit mit einem eigenen Bauernhofprojekt mit Kinderbetreuung möchte ich nicht ausschließen.“
Weitere Informationen unter:
Quelle: PresseinformationBundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Baden-Württemberg, Nr. 17/ 2023